Besinnungstage 1993, Ratzeburg



8. bis 10. Oktober
Unterkunft: Im Gästehaus Domhof Ratzeburg der Diakonischen Heime des Diakonischen Werkes Lübeck der evangelischen Kirche.

Die Goldschmiedegilde des hl. Eligius lädt die Gestalter von sakralem Gerät ein zu den Besinnungstagen „Heilige Gefäße“ .
Die Begegnung möchte jedem Teilnehmer die Möglichkeit bieten, geistliche und gestalterische Themen und Fragen miteinander zu besprechen , um daraus neue Kraft für den Alltag zu schöpfen.

Die Initiative zu diesem Treffen war von Uwe Bläse, Plön ausgegangen.

Der Ort dieser Begegnung erwies sich als außerordentlich glücklich, im Schatten des Ratzburger Doms direkt am See, umgeben von Bäumen in ihrem vielfarbigen bunten Herbstschmuck. Das alles bot eine Atmosphäre, in der es leicht war, sich der Wirklichkeit zuzuwenden, die hinter und allem Vordergründigen verborgen ist.
Als geistliche Begleiter standen der evangelisch-lutherische ehemalige Domprobst vom Ratzeburger Dom, Herr Steffen, und der kath. Gemeindepfarrer von Buchholz/Nordheide, Herr Pastor Joop Hoogervorst zur Verfügung.
Damit hatten diese Tage eine unübersehbare ökumenische Komponente. Gerade für die, die aus den traditionell katholischen Gegenden kamen, aber für alle anderen war diese Dimension ein großes Geschenk. Eine tiefe Erfahrung der Einheit in Christus, die die Unterschiede nicht einfach einebnet, sondern diese einfügt in eine größere Einheit, die von Christus herkommt.

Originell war die Einführung am ersten Abend: Nach Begrüßung und Einführung bekamen die Teilnehmer/innen von Herrn Bläse Packpapier, Schere und Uhu in die Hand gedrückt, um damit ein Gefäß herzustellen. Eine wunderbare Möglichkeit „Gefäßlichkeit“ zu erfahren.! In andächtiger Stille war jeder damit beschäftigt, mit diesen ganz einfachen Mitteln ein Gefäß zu schaffen.

Am nächsten Vormittag stand das Thema „Das Gefäß in der Bibel“ auf dem Programm. Pfarrer Hoogervorst stellt als Gefäß den (biblischen) Menschen vor, der aus der Hand Gottes hervorgeht, der in Gottes Hand sich geborgen fühlt. Dieser Mensch ist aber ein zerbrechliches Gefäß, das oft genug auch zerbricht. Dieser Mensch macht sich Gefäße: Sind sie Ausdruck seines schöpferischen Geistes, Mittel zur Existenzsicherung oder Götzen, die sein Werkstatt verlassen? Der Mensch braucht auch Gefäße, um das Wasser des Lebens schöpfen zu können. Anhand von Bibelstellen wurden diese Punkte miteinander durchmeditiert und mit dem eigenen Leben konfrontiert.

Am Nachmittag schuf Propst Steffen eine großartige Überleitung zum nächsten Thema. Es wurde dargelegt, wie der Mensch in der Gebetsgebärde, der Orantenhaltung, selbst zum Kelch wird.

Daraufhin entfaltete Bläse Gedanken zur Gestalt und Gestaltung von Gefäßen, Schalen, Bechern und Kelchen. Von der einfachen Schale bis zum verzierten Trinkhorn hatte Bläse eine Reihe von Gefäßen mitgebracht, die das gesprochene Wort eindrucksvoll illustrierten. Die Vorführung eines Video über die Gestaltung eines Kelches war ebenfalls sehr hilfreich für ein lebhaftes Gespräch. Dabei ging es nicht, zumindest nicht nur um die technische Seite, sondern es kam sehr deutlich die geistliche Dimension zum Tragen.

Nach dem Abendessen kam der Kreis noch einmal zusammen, um zunächst einige Dinge zu besprechen, die die Eligiusgilde betreffen. Dann aber entfaltete sich ein sehr dichtes und lebhaftes Gespräch. Offenbar war der Kreis im Laufe des Tages so „aufgeladen“, da wie von selbst ein echtes Glaubensgespräch stattfinden konnte. Wichtige Themen der Ökumene wie Eucharistiegemeinschaft, Glaubensbekenntnis oder Sünde und Beichte kamen in einer sehr persönlichen Weise zum Ausdruck.
Es war sicher hilfreich, daß von beiden Seiten ein Geistlicher da war, um bei theologischen Fragen Auskunft zu geben. Diese Auskünfte waren allerdings weniger abstrakt-theologisch als vielmehr als ein persönliches Glaubenszeugnis der beiden Geistlichen. Erst als es auf Mitternacht zuging, endete diese gesegnete „Nikodemusstunde“.

Der Sonntag begann mit der Meßfeier im Ratzeburger Dom. Das erste Licht der klaren Herbstsonne fiel durch die Fenster des altehrwürdigen Domes, als die Teilnehmer innen sich um den Altar versammelten. Eine wunderbare Harmonie band alle in das Geschehen der Eucharistie ein, die liebevoll von Michael Amberg vorbereitet worden war.

Nach dem Frühstück wurde die Georgskirche besichtigt, von wo aus Ansverus den Norden zu missionieren versucht hat. Betroffen stand die Gruppe dann später am Ansveruskreuz, etwas außerhalb von Ratzeburg, wo Ansverus mit seinen Gefährten den Märtyrertod erlitten hatte. Auch hier wußte Propst Steffen Vieles zu berichten. Man spürte aus seinen Worten die Hochachtung vor diesen vorreformatorischen Blutzeugen.
Die Fahrt führte die Gruppe dann auch zum „Alten Vaterhaus“, wo Ernst Barlach seine Kindheit verlebte. Eine Reihe seiner Werke sind hier ausgestellt. Auch das Grab Barlach's wurde besucht, wie auch die im klassizistischen Stil erbaute Stadtkirche und die moderne katholische Kirche.

Mit dieser Rundfahrt durch Ratzeburg fanden die Besinnungstage einen eindrucksvollen Abschluß. Auf jeden Fall bestand bei wohl allen der Wunsch, solche oder ähnliche Tage sollten in Zukunft öfter stattfinden.